Gartenarbeit als Therapie: Davon profitieren die Bewohner

Thema: Therapeutisches Gärtnern
Umfang: 5512 Zeichen
Geeignet für: Zeitung, Zeitschrift, Kundenzeitschrift, Website
Bisher veröffentlicht in: CAREkonkret 2018

Rasen mähen, Hecken schneiden, Unkraut jäten oder Salat anbauen – bei vielen Senioren gehörte die Gartenarbeit ein Leben lang selbstverständlich zum Alltag. Mit dem Umzug in eine Pflegeeinrichtung muss neben den eigenen vier Wänden und dem sozialen Umfeld auch diese Gewohnheit aufgegeben werden. Damit entfällt gleichzeitig der Zugang zur Natur, der gerade im Alter und bei Krankheit einen hohen Stellenwert hat. Was müssen Einrichtungen beachten, die ihren Bewohnern diesen Zugang erhalten möchten?

„Mit 100 Euro pro Quadratmeter kann man schon einen richtig guten Garten anlegen“, schätzt Andreas Niepel, Präsident der Internationalen Gesellschaft Garten Therapie (IGGT). Bei dieser Summe handle es sich „zumindest um einen groben Orientierungswert“, zu dem noch die Kosten für die Erstellung des Gartenkonzepts hinzukämen. Damit ein solches Konzept überhaupt erstellt werden kann, müsse die Einrichtung vorab überlegen, was mit dem Garten erreicht werden soll: „Möchte sie beispielsweise den normalen Tag-Nacht-Rhythmus durch tägliche Spaziergänge fördern? Oder soll der Garten ein Spezialangebot für männliche Bewohner werden? Möchte die Einrichtung ein Quartiersheim werden, das über den Garten die Verbindung zum benachbarten Kindergarten herstellt und die Grünfläche für gemeinsame Veranstaltungen nutzt? Erst wenn die Einrichtung das für sich geklärt hat, kann der Garten selbst geplant werden“, so Niepel.

Er selbst ist als Gartentherapeut in der neurochirurgischen Rehabilitation der Helios Klinik in Hattingen beschäftigt. Da bei der Gartenarbeit eine Vielzahl an Bewegungsmustern gebraucht werde, sei sie ideal, um die Funktionskontrolle von Schlaganfallpatienten zu verbessern. „Auch die Akzeptanz von Störungen wird durch Gartenarbeit gefördert, weil man als Gartentherapeut auf Einschränkungen eingehen kann. Bei Demenz fördert Gartenarbeit vor allem das Wohlbefinden“, erklärt der Therapeut.

Biographiearbeit, Rehabilitation, Wohlbefinden, Aktivierung: Die Idee, in der Altenpflege gartentherapeutisch zu arbeiten, scheint sich geradezu aufzudrängen. Die Internationale Gesellschaft Garten Therapie hat bundesweit 75 Therapeuten registriert, von denen ein Großteil regelmäßig mit Einrichtungen der Altenpflege zusammenarbeitet. Dabei handelt es sich um Menschen mit abgeschlossener Berufsausbildung, meist gelernte Gärtner, die nach einer Weiterbildung Bewohnergruppen in den Einrichtungen betreuen, seniorengerechte Gärten planen oder den Einrichtungen beratend zur Seite stehen. Weit größer ist jedoch die Zahl derjenigen, die „nebenher“ gartentherapeutisch tätig sind: Ergotherapeuten oder etwa Mitarbeiter sozialer Dienste, die nach einer entsprechenden Weiterbildung zweimal pro Woche Gartentherapie anbieten. Der IGGT zufolge sind etwa 1000 Menschen auf diese Art gartentherapeutisch tätig. Auch die Nachfrage nach Weiterbildungen sei in den letzten Jahren stark gestiegen.

Niepel betrachtet einen Garten als „Struktur“ im Sinne der Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität. Daher sei es nicht mit ein paar Pflanzen getan: „Wenn Sie sich ein Klavier kaufen, haben Sie noch keine Musik. Sie brauchen jemanden, der es spielt. Wenn eine Einrichtung überlegt, einen Garten anzulegen, braucht sie jemanden, der etwa den Zugang für Bewohner mit Mobilitätseinschränkungen sicherstellt. Es braucht ein Konzept“, ist der Präsident der IGGT überzeugt. Bei der Finanzierung gibt es verschiedene Unterstützungsmöglichkeiten: Das Deutsche Hilfswerk etwa fördert die Erstellung eines Konzeptes mit maximal 10 000 Euro. Die Anlage des eigentlichen Gartens wird unter anderem von der Stiftung Wohlfahrtspflege NRW unterstützt.

Und was, wenn eine Einrichtung nun trotz Finanzierungshilfen einfach keine Möglichkeit sieht, einen eigenen Garten anzulegen?

Autorin/Urheberrecht: Anna Kiefer

 

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